„Das Original – Cocktailtour“ – So stand es auf einem Plakat in der Freiburger Innenstadt auf das ich durch einen überlebensgroßen Cocktail mit massiver Fruchtspießgarnitur aufmerkasm geworden bin. Nachdem ich 2010 schonmal eine Cocktail Tour in Hamburg mitgemacht hatte (ich hatte darüber berichtet), dachte ich mir es wäre mal wieder an der Zeit. Zumal ich auf der Cocktail Tour in Hamburg einige Bars kennengelernt hatte, die ich wohl ansonsten nie gefunden oder besucht hätte. Die Modalität war hier in Freiburg die gleiche: 5 Stunden Zeit, 9 Bars, 9 Cocktails. Das ganze Cocktailspektakel für schlanke 18€.
Geh nie alleine Cocktails trinken
Frei nach dem Motto „alleine trinken ist doof“ wurden gleich ein paar Leute aktiviert, die bei der Cocktail Tour mitmachen wollen. Schnell hat sich eine Gruppe von 4 Personen gefunden. Später sollen spontan noch ein paar Mitstreiter dazustoßen. Das Setup war also gefunden und da in Freiburg anders als in 2010 in Hamburg alle Cocktailbars zu Fuß zu erreichen waren haben wir uns entschieden an einer Ecke anzufangen und spontan auf dem Weg liegende Bars sukzessive abzuarbeiten.
Los geht’s in Freiburg! Lasset den Cocktail Shaker beginnen…
Punkt 19:00 war Treffpunkt im Enchilada. Dabei handelt es sich um ein recht großräumiges mexikanisches Restaurant, in dem die üblichen Verdächtigen an Cocktails ausgeschenkt werden. Für die flächenmäßige Größe der Einrichtung erscheint mir die Menge an Personen, die im Service arbeiten als zu gering. Trotz der Tatsache, dass die Cocktailbar nur ca. 1/3 gefüllt ist, läuft die Dame dreimal mit den Worten „Ich komm sofort“ an uns vorbei, bis wir unsere Bestellung abgeben dürfen. Als erste Stärkung zum Strawberry Margarita gibts dann noch mit Käse überbackene Nachos, die wir natürlich selber zahlen müssen. Der Strawberry Margarita machte auf mich den Eindruck nicht frisch gemacht worden zu sein, sondern aus einer dieser typischen Frozen Cocktails Maschinen zu kommen. Bei einem rechnerischen Cocktailpreis von 2€ pro Cocktail ist das nicht verwunderlich und erstmal auch nichts verwerfliches. Für meinen Gescmack war er aber ein bisschen zu stark gefroren. Durch den aufrecht stehenden Strohhalm war auf jeden Fall fast nichts durchzubekommen.
Für die erste Station haben wir aufgrund der Bestellverzögerung und des schwer zu trinkenden Cocktails schon gute 45 Minuten verbraten. Also sind wir gleich zur nächsten Station gespurtet. Dem Franziskanerkeller in der Nähe des Rathauses. Hier vermutet man wohl eher ein Weizenbier, aber da wir uns ja auf einer Cocktailtour befinden, gibt’s ganz klassisch einen Mojito im Plastikbecher. Das Ambiente ist als Bar als solches recht nett, aber Cocktail-Feeling kommt hier bei mir nicht auf. Umso überraschter bin ich, dass die geschmackliche Qualität des Mojito hier positiv heraus sticht. Sicher, nicht vergleichbar mit einem kubanischen Derivat, aber ordentlich und gut zu trinken.
Nächster Halt ist das Aspekt am Eingang zum Barviertel aus Richtung Theater kommend. Hier wird ein Sex on the Beach gereicht, den wir aber zunächst im Stehen annehmen müssen, weil schon alle Liege – äh – Sitzplätze belegt sind. Hier habe ich das erste mal den Eindruck, dass der Barkeeper Ahnung von dem hat, was er da tut. Geschmacklich ist er ok. Vermutlich wurde ein günstigerer Alkohol verwendet und so wie ich mich danach gefühlt habe auch weniger als üblich. Nichts desto trotz ein gut zu trinkender Cocktail, der unter der Preisprämisse sehr positiv heraus sticht.
Ein drittel der Bars haben wir hinter uns und durch die schnelle Bedienung und den süffigen Mojito im Franziskanerkeller konnten wir die Zeit gut aufholen. Deshalb entschließen wir uns in der Mensadrei was zu essen. Hier gibt es Currywurst in verschiedenen Schärfegraden auf einer Skala von 1-9. Ab Stufe 6 tut es weh. Knackige Pommes dazu. Alles in allem eine Runde Sache und eine gute Stärkung für den restlichen Weg.
Auf geht’s zu Bar Nummer 4, dem Art-Café. Hier mussten wir sofort in den Keller ausweichen, da oben keinerlei Platz mehr zu finden war. Im Untergeschoss sind dann noch ein paar Stehtische zu finden, die dort aber eher den Eindruck machen einfach mal auf Halde abgestellt worden zu sein. Am Ende des Raumes prangt noch eine Theke mit dahinter liegender Bar, die allerdings nicht in Benutzung war. Stattdessen kämpfte sich die Bedienung von oben durch die Massen. Laut Cocktailticket gibt’s hier einen Cuba Libre. Leider muss ich sagen, dass mich der ganz und garnicht überzeugen konnte. Ich kann nicht sagen, ob es an abgestandener oder einfach billiger Cola, an schlechtem Rum oder an qualitativ schlechter Umsetzung des Gesamtgetränks lag. Ich für meinen Teil fand ihn einfach nur schlecht.
Die nächste aufgesuchte Cocktail Location war das Maria. Den Laden kannte ich schon und wie bei meinen letzten Besuchen war es sehr voll. Die Bestellung des Cockatils an der Bar bzw. bei der Bedienung schlug zunächst fehl. Wir wurden aber gleich in eine kleine Ecke geschickt, in der sich ein einzelner Barkeeper mit seiner provisorischen Plastikbar verschanzt hatte. Nur dort konnte der Cocktail-Gutschein eingelöst werden. Für den Showeffekt und den professionellen Eindruck gibt’s einen guten Pluspunkt. Der Cocktail den es zu bewerten gab nannte sich „Solero„. Für die breite Masse der Teilnehmer sicherlich ein ansprechender Cocktail fand ich ihn allerdings deutlich zu süß. Alkohol war drin, das haben wir gesehen, aber nicht geschmeckt oder in irgendeiner Weise einen Effekt daraus gespürt. Insgesamt würde ich ihn ins obere Mittelfeld einsortieren.
Die größte Enttäuschung des Abends fanden wir dann im El Bolero vor. Hier gab es nämlich keinen Cocktail (Tequila Sunrise) mehr. Wie kam es dazu? Die Cocktail-Tour begann laut Ticket um 19:00 Uhr (unübersehbar auf der „Eintritts“-Karte aufgedruckt). Das war dem El Bolero wohl zu doof. Deshalb hat man sich entschieden den Freicocktail zwischen 15 und 19 Uhr auszugeben. Dem geneigten Leser wird aufgefallen sein, dass die Ausgabe des Cocktails im El Bolero genau zu dem Zeitpunkt endete als die Cocktail-Tour eigentlich gerade erst angefangen hat. Für mich absolut unbegreiflich. Selbst wenn man das Kleingedruckte auf dem El Bolero Abschnitt rechtzeitig gelesen hätte, finde ich eine solche zeitliche Abweichung inakzeptabel.
Etwas ungehalten verließen wir das El Bolero mit Ziel Cheers und dem einzigen Cocktail auf der Liste, den ich für mich persönlich schon vorab disqualifiziert habe. Ein Aperol Spritz sollte es hier sein. Die Mitstreiter, die dieses Getränk auch sonst ab und zu an sich heranlassen waren weder vom Geschmack noch von der der gelungenen Präsentation in Plastikbechern überzeugt. Die Location an sich lädt allerdings dazu ein, an einem normalen Tag nochmal wieder zu kommen und sich eine Meinung über die regulär ausgeschenkten Getränke zu bilden. An diesem Abend für mich ausser Konkurrenz. Allgemeiner Konsens: Eher Richtung unteres Ende. Übrigens die einzige Bar in der wir den halben Drink haben stehen lassen.
Im nächsten Cocktailpalast wartet ein süffiger 43 Sour auf uns. Nun würde ich das Tacheles eher in die Kategorie große Kneipe mit angeschlossenem Schnitzelimbiss stecken. Allerdings war gegenüber der vorherigen Bar eine solch massive Steigerung bei dem servierten Cocktail zu erkennen, dass man es subjektiv mit einem guten Gemisch zu tun hatte. Im direkten Vergleich mit einer der Top-Locations dieses Abends hätte es dann vielleicht weniger gut abgeschnitten. Auch hier fand ich den Cocktail einen Tick zu süß, was ich von einem klassischen „Sour“ eigentlich nicht erwartet hätte. Die fortgeschrittene Zeit drückte uns alle cocktailschlürfend auf die Bank und wir verharrten ein paar Minuten bei Musik bevor es zur letzten Station ging.
Der finale Anlaufpunkt, Bar Nummer Neun oder Absackschuppen – oder wie auch immer man eine solche Bar nennen will – sollte nun die Sonderbar sein. Inzwischen hatten wir auch zeitlich fast das Ende der Cocktail-Tour erreicht. Vermutlich aus diesem Grund war in der Bar nicht sonderlich viel los. Den angepriesenen White Russian gab es leider auch nicht mehr. Stattdessen servierte man uns einen Shooter der von Farbe und Konsistenz ganz ähnlich und geschmacklich ok, aber nichts besonderes war. Ehrlich gesagt wollte ich gar nicht wissen, was es genau ist. Einige von uns beendeten den Abend dann noch mit was anständigem, einem Bier.
Fazit für Freiburg
Das Fazit für diese Cocktailtour fällt etwas durchwachsener aus als das des Hamburger Pendants. Auch hier habe ich eine Vielzahl neuer Bars kennengelernt. Für jemanden, der vielleicht neu in der Stadt ist neue Bars kennenlernen und den Abend relativ günstig verbringen möchte, ist ein solches Event wohl immer brauchbar. In diesem Fall sollte man aber nicht erwarten auch nur annähernd einen Zustand der Trunkenheit zu erreichen. Dafür befindet sich einfach zu wenig Alkohol in den Cocktails. Durch den rechnerisch recht geringen Einzelpreis jeden Cocktails kann man auch nicht die beste Qualität erwarten. Der ein oder andere hätte sich allerdings ein wenig mehr ins Zeug legen können. Auch wenn man an diesem Abend dann vielleicht ein Verlustgeschäft gemacht hat, hätte man doch sicher den ein oder anderen Gast erwischt, der nochmal regulär gekommen wäre. Ich für meinen Teil werde einen großen Teil der Bars meiden. Zumindest wenn es um Cocktails geht.
Alles in allem hatte ich für ca 25€ einen lustigen Abend mit Freunden. Ich hatte zwischen 19 und 1 Uhr fast immer etwas zu Trinken in der Hand und gegessen hab ich auch ganz gut. Auf der sozialen Ebene bin ich also voll und ganz zufrieden. Empfehlen kann ich die Sache jedem, der sich in der Stadt noch nicht auskennt, der günstig durch den Abend kommen will und dem gute Cocktails nicht so wichtig sind. Wenn Du ein ambitionierter Cocktailfreund bist und Probleme damit hast Abstriche zu machen, dann kann ich dir nur raten, die Finger von sowas zu lassen. Allem voran, weil mir für eine Cocktail-Tour die Anzahl der echten Cocktail-Bars zu gering war.
Impressionen der Cocktail Tour in Freiburg 2012
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